A
Absatz
Hochgestellte Ziffer bei einem Gesetzartikel, z.B. Art. 1 Abs. 1 OR.
Allgemeine Geschäftsbedingungen, AGB
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl gleichartiger Verträge gelten. Die Problematik liegt darin, dass AGB häufig “eine einseitige Verteilung von Rechten und Pflichten zu Ungunsten der anderen Partei“ nach sich ziehen. Mit anderen Worten wird die Vertragsfreiheit durch ein “take it or leave it“ eingeschränkt. Der Kunde hat im Normalfall also kaum die Möglichkeit die AGB abzuändern oder überhaupt eine Änderung vorzuschlagen. Es ist damit in der Regel davon auszugehen, dass die AGB Bestimmungen zugunsten des Anbieters enthalten.
Wirtschaftlich betrachtet können sich Unternehmen durch für Kunden vorteilhafte AGB von der Konkurrenz abheben.
Um zu prüfen, ob AGB gültig sind, sieht die Rechtsprechung ein dreistufiges Prüfverfahren vor:
Geltungskontrolle: Wurden die AGB vom Kunden in einem korrekten Verfahren akzeptiert? Es gilt, dass der Kunde bloss die Möglichkeit gehabt haben musste, die AGB zu lesen.
Auslegungskontrolle, sog. Unklarheitsregel: Enthalten die AGB unklare Formulierungen? Es gilt, dass die AGB klar und für den Kunden verständlich formuliert werden müssen; individuelle Vereinbarungen gehen den AGB vor.
Inhaltskontrolle, sog. Ungewöhnlichkeitsregel i.V.m. OR 19 und UWG 8: Enthalten die AGB ungewöhnliche Bestimmungen? Es gilt, dass die AGB keine Regeln enthalten dürfen, die der Kunde für betroffene Geschäfte nicht erwarten dürfte, z.B. unübliche Kündigungsfristen.
Anfechtbarkeit
Die Anfechtbarkeit ist von der Nichtigkeit von Verträgen zu unterscheiden. Ein nichtiger Vertrag ist von Anfang an ungültig, ein anfechtbarer Vertrag ist gültig bis eine Partei den Vertrag aufgrund eines Anfechtungsgrundes anficht. Anfechtungsgründe werden auch als Willensmängel bezeichnet. Es bestand ein Problem bei der Willensäusserung einer Vertragspartei. Willensmängel können aus folgenden Gründen entstehen und damit ist der Vertrag anfechtbar:
Antrag = Offerte, Angebot
Artikel
Gesetzesartikel, z.B. Art. 1 ZGB
B
C
D
E
Einigung der Vertragsparteien
OR 1: Gegenseitige, übereinstimmende Willensäusserung; auch Konsens
Ehe
Die Ehe als rechtliches Institut stellte bis 2020 "die Willenseinigung zwischen Mann und Frau zur Begründung einer auf Dauer angelegten und öffentlich anerkannten Lebensgemeinschaft und die gesetzlich geordnete Verbindung zweier Personen unterschiedlichen Geschlechts (heterosexuell) mit Ausschliesslichkeitscharakter" (BGE 65 II 133, E.1) dar.
Die Definition wird bleiben, aber seit der Annahme der "Ehe für alle" (siehe HIER) wird sie auf die Verbindung zweier Personen gleichen Geschlechts erweitert.
Kurz: Die Ehe ist das Bündnis zwischen zwei Personen unter den vom Gesetz festgelegten Bedingungen (vgl. Eherecht, Art. 90 ff. ZGB).
Eingetragene Partnerschaft
Mit einer eingetragenen Partnerschaft können zwei Personen gleichen Geschlechts ihre Partnerschaft eintragen lassen. Sie erwerben damit Rechte und Pflichten. Der Zivilstand lautet „in eingetragener Partnerschaft“. Rechtsgrundlage bildet das Partnerschaftsgesetz. Es ist seit 2007 in Kraft. Der Unterschied zur Ehe liegt vor allem im gemeinschaftlichen Adoptionsrecht und dem Zugang zur Fortpflanzungsmedizin. Eingetragene Partner sind hierzu nicht zugelassen.
Seit 2022 ist die "Ehe für alle" eingeführt worden. Seither können eingetragene Partner/innen ihr Bündnis in eine Ehe umwandeln lassen. Das PartG bleibt für die Paare weiterhin in Kraft, die keine Umwandlung vollziehen möchten.
Eheliches Güterrecht
siehe Güterrecht, eheliches
Erbe, das = Nachlass eines Verstorbenen
Erbe, der = Person, welche vom Erblasser Vermögen erbt.
Erbfolge = die Rangfolge der Erben
Erblasser = der Verstorbene, der seinen Erben Vermögen hinterlässt.
Errungenschaftsbeteiligung = gesetzlicher Güterstand, vgl. ZGB 196 ff.
F
Formfreiheit, siehe auch Vertragsfreiheit
Vertragsparteien sind grundsätzlich frei, ob sie einen Vertrag mündlich oder schriftlich abschliessen wollen, ausser das Gesetz sieht eine Formvorschrift vor (OR 11).
Es gibt drei mögliche Formvorschriften: einfache Schriftlichkeit, qualifizierte Schriftlichkeit und öffentliche Beurkundung.
Freigewordener Teil (vs. Pflichtteil)
Setzt ein Erblasser die gesetzlichen Erben auf den Pflichtteil, so wird ein Teil des Nachlasses frei, um ihn an nicht-gesetzliche Erben zu vererben. Dies nennt man den freigewordenen Teil.
Fixgeschäft vgl. OR 108, die Obligation muss an einem bestimmten Termin (Datum oder sogar bestimmte Uhrzeit) erfüllt werden.
f./ ff. = folgender Artikel bzw. fortfolgende Artikel, d.h. der nächste bzw. alle Gesetzesartikel bis zum nächsten, neuen Randtitel.
Forderung = der Gläubiger hat einen Anspruch (Recht) auf die Leistung eines anderen
G
Gesetz
"Gesetz" = Geschriebenes Recht: Damit umfasst der Begriff "Gesetz" alle Stufen der Normenhierarchie, auch die Bundesverfassung ist ein Gesetz.
"Gesetz" im engeren Sinn: Bundesgesetze, kantonale und kommunale Gesetze (in Abgrenzung zu Verfassung und Verordnungen).
Gläubigerverzug
Auch "Annahmeverzug". Situation, dass ein Lieferant Ware nicht abliefern kann, weil der Empfänger die Ware nicht entgegennimmt (z.B. niemand anwesend, falsche Lieferadresse angegeben usw.). Erfüllungsfehler auf Seiten des Gläubigers der Ware nach Art. 92 OR. In diesem Fall kann der Lieferant (Schuldner der Ware) nicht in Schuldnerverzug (Art. 107 OR) geraten.
Güterrecht, eheliches
Das Güterrecht ist das Vermögensrecht der Ehegatten. In den Art. 181 -251 ZGB finden sich die hauptsächlichen Regeln darüber, wem das eheliche Vermögen gehört, wie es genutzt wird, wer gegenüber Dritten für die Schulden haftet und wie das Vermögen bei der Auflösung der Ehe verteilt wird.
Gütergemeinschaft = vertraglicher Güterstand, vgl. ZGB 221.
Güterstand
Wer die Ehe eingeht, lebt im ordentlichen (gesetzlichen) Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. Man kann vertraglich auch den Güterstand der Gütergemeinschaft oder der Gütertrennung vereinbaren.
Gütertrennung = vertraglicher Güterstand, vgl. ZGB 247.
Gläubigerverzug (OR 91 ff.)
Erfüllungsfehler (Überbegriff "Nichterfüllung"): Der Gläubiger akzeptiert die richtig angebotene Leistung nicht oder nimmt eine von ihm erwartete Mitwirkungshandlung nicht vor.
Gegenofferte (oder Gegenantrag)
Eine Partei schlägt eine Leistung vor (Antrag, z.B. Fr. 20.-) und die andere Partei macht einen Gegenvorschlag (Gegenofferte, z.B. Fr. 15.-), die wiederum von der anderen Partei angenommen oder abgelehnt werden kann oder es wird nochmals eine Gegenofferte gestellt. (Anm.: Eine Gegenofferte ist nicht das gleiche wie eine Rabattanfrage! Dabei würde ich einen Rabatt (Preisreduktion z.B. von Fr. 5.-) verlangen und nicht einen neuen Kaufpreis vorschlagen.)
H
Haftung
Haftpflicht
Zivilrechtliches Einstehenmüssen für widerrechtlich zugefügte ausservertragliche Schädigung oder immaterielle Unbill (Genugtuung). Unterteilt in Verschuldenshaftung (OR 41) und Kausalhaftung (Haftung, die kein persönliches Verschulden des Haftpflichtigen voraussetzt; die Haftung liegt in einem besonderen Verhältnis des Haftenden und dem Schädiger begründet, z.B. Tierhalterhaftung, Motorfahrzeughalterhaftung, Geschäftsherrenhaftung, Haftung Eltern für ihr Kind u.a., vgl. OR 55 ff.).
I
Inhaltsfreiheit, siehe Vertragsfreiheit
Innominatkontrakte
Von lat. "in-nominare" = nicht benennen; "Kontrakt" = Vertrag. Das OR nennt den entstandenden Vertrag nicht explizit. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit lässt zu, dass Vertragsparteien Verträge schliessen, deren Inhalt nicht alleinig einer Vertragsart, die das OR vorsieht, zugeordnet werden kann.
In der Praxis gibt es Verträge, die verschiedene Elemente enthalten wie z.B. der Gastaufnahmevertrag (AuPair), bei dem sowohl Elemente des Arbeitsvertrags und des Mietvertrags enthalten sind. Weitere Beispiele von Innominatkontrakten sind: Franchisingvertrag, Kreditkartenvertrag, Alleinvertriebsvertrag, Sponsoring, Checkvertrag, Lizenzvertrag u.v.a.
J
K
Kausalhaftung
Haftung, die kein persönliches Verschulden des Haftpflichtigen voraussetzt; die Haftpflicht ergibt sich aus einem besonderen Verhältnis des Haftenden und dem Schädiger.
Beispiele:
Konkubinat
Als Konkubinat oder faktische Lebensgemeinschaft wird das Zusammenleben zweier verschieden- oder gleichgeschlechtlicher Personen ohne Trauschein in einer eheähnlichen Gemeinschaft bezeichnet. Wer im Konkubinat lebt, geniesst nicht den gleichen sozialen oder juristischen Schutz wie ein verheiratetes Paar oder ein Paar in einer eingetragenen Partnerschaft. Sie können sich aber mit einem Konkubinatsvertrag absichern.
Mehr dazu HIER.
Kündigung
Eine Kündigung ist die auf die Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses (z.B. Miet- und Arbeitsvertrag) gerichtete Willenserklärung einer Vertragspartei. Eine Kündigung ist empfangsbedürftig, d.h. sie gilt erst, wenn sie fristgerecht beim Empfänger eingetroffen ist. Aus Beweisgründen empfiehlt sich eine schriftliche und eingeschrieben abgeschickte Kündigung.
L
Litera
Die Litera ist ein Aufzählungsbuchstabe in einem Gesetzesartikel "a.", z.B. Art. 336 Abs. 1 lit. a OR.
M
N
Nachlass
Gesamtheit dessen, was ein Verstorbener, eine Verstorbene an Gütern und Verpflichtungen hinterlässt.
Nichtigkeit
Ein Vertrag ist nichtig, das bedeutet von Anfang an ungültig, wenn die Vertragsparteien nicht handlungsfähig sind (ZGB 12), der Vertrag einer bestimmten Form bedarf, aber nur mündlich abgeschlossen wurde (OR 11) oder der Vertragsinhalt widerrechtlich, unsittlich oder unmöglich ist (OR 19/20).
Beachten Sie den Unterschied von Nichtigkeit und Anfechtbarkeit!
Normenhierarchie
Rangordnung von Gesetzen. In der Schweiz gilt: Verfassung vor Gesetz vor Verordnung und eidgenössisches Recht vor kantonalem Recht vor kommunalem Recht.
O
Obligation
Von lat. "obligatio" = Verpflichtung; ein Schuldverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner
Eine Obligation entsteht aus Vertrag (OR1 ff.), unerlaubter Handlung (OR 41 ff.) oder ungerechtfertigter Bereicherung (OR 62 ff.).
Offerte = Antrag, Angebot
OR AT (=OR Allgemeiner Teil)
Obligationenrecht, 1. Abteilung "Allgemeine Bestimmungen"
OR BT (=OR Besonderer Teil)
Obligationenrecht, 2. Abteilung "Einzelne Vertragsverhältnisse"
P
Pflichtteil (vs. freigewordener Teil)
Als Pflichtteil wird der Erbanteil bezeichnet, welcher dem gesetzlichen Erben durch eine letztwillige Verfügung des Erblassers nicht entzogen werden kann.
Pflichtteilsschutz (ZGB 470 + 471)
Pflichtteilsgeschützt sind die Nachkommen (Kinder, Enkel, Urenkel...), die Eltern und Ehepartner bzw. eingetragene Partner.
Achtung: Geschwister sind NICHT pflichtteilsgeschützt!
Q
R
Rechtsfolge = Die rechtliche Konsequenz, wenn die Tatbestandsmerkmale auf einen Sachverhalt zutreffen.
S
Sachverhalt
Als Sachverhalt bezeichnet man die Beschreibung des tatsächlich Geschehenen bei einem Rechtsfall.
Schlechterfüllung (OR 97 I und Regelungen im OR BT)
Der Schuldner erfüllt zwar, aber seine Leistung ist mangelhaft.
Schuld = Der Schuldner hat eine Pflicht zur Leistung an einen anderen.
Schuldnerverzug (OR 102 ff.)
Erfüllungsfehler (Überbegriff "Nichterfüllung"), bei dem der Schuldner nicht pünktlich oder gar nicht erfüllt, obwohl die Leistung möglich wäre.
T
Tatbestand = der für die Lösung eines Rechtsproblems anwendbare Gesetzesartikel
Tatbestandsmerkmale = die in einem Tatbestand (Gesetzesartikel) genannten Voraussetzungen, deren Erfüllung zu einer bestimmten Rechtsfolge (=Konsequenz) führt.
U
Unerlaubte Handlung
OR 41, Entstehungsgrund für eine Obligation
Ungerechtfertigte Bereicherung
OR 62, Entstehungsgrund für eine Obligation
V
Vertrag
Zwei Vertragsparteien erwerben gegenüber ihrem Vertragspartner Forderungen (Normalfall).
Nur eine Vertragspartei erwirbt gegenüber ihrem Vertragspartner eine Forderung (Schenkung, OR 239).
Vertragsabschluss
Ein Vertrag kommt zum Abschluss, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Ist eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, ist ein Vertrag nichtig (siehe Nichtigkeit).
Vertragsfreiheit
Grundgedanke von OR 1 und 19. Zerfällt in Abschlussfreiheit, Partnerwahlfreiheit, Gestaltungs- und Inhaltsfreiheit, Aufhebungs- oder Änderungsfreiheit sowie Formfreiheit.
Einschränkungen der Vertragsfreiheit
Wichtigste Schranke der Vertragsfreiheit ist die OR 20: Vertragsinhalte dürfen nicht widerrechtlich, unsittlich oder unmöglich sein.
Zwingende Bestimmungen setzen der Vertragsfreiheit ebenso Grenzen, da diese nicht durch Parteivereinbarungen abänderbar sind (v.a. im Arbeitsrecht von grosser Bedeutung, vgl. OR 361 + 362).
Weiter schränken diverse Formvorschriften die Vertragsfreiheit ein. Schriftlichkeit ist beim Vertragsabschluss aus Beweisgründen aber sowieso zu empfehlen, entsprechend werden die Parteien durch Formvorschriften geschützt.
Verwandtschaft
ZGB 20 II (Legaldefinition): "In gerader Linie sind zwei Personen miteinander verwandt, wenn die eine von der anderen abstammt, und in der Seitenlinie, wenn sie von einer dritten Person abstammen und unter sich nicht in gerader Linie verwandt sind."
(Siehe auch ZGB Teil 1 Familienrecht, 2. Abt. Die Verwandtschaft)
Verfalltagsgeschäft vgl. OR 107 II; Verfalltag = Fälligkeitstermin (Datum, an dem die Obligation spät. erfüllt werden muss)
Verjährung = Untergang der Erzwingbarkeit oder Durchsetzbarkeit einer Forderung (die Obligation besteht zwar noch, kann aber nicht mehr durchgesetzt werden).
Verschuldenshaftung
Haftung nach Art. 41 OR: Der Schädiger ist gleichzeitig der Haftpflichtige (in Abgrenzung zur Kausalhaftung).
W
X
Y
Z
Ziffer
Die Ziffer ist eine Aufzählungsziffer in einem Gesetzesartikel "1.". Beispiel: Art. 24 Abs. 1 Ziff. 1 OR