Familienrecht

Das Familienrecht ist im zweiten Teil des Zivilgesetzbuches in Art. 90 - 456 geregelt. 

Zum Familienrecht gehören das Eherecht (Art. 90 ff. ZGB), die Regeln zur Verwandtschaft (Art. 252 ff. ZGB) und das Erwachsenenschutzrecht (Art. 360 ff. ZGB). 

 

Das Zivilgesetzbuch ist seit 1912 in Kraft (zur Geschichte des ZGB mehr HIER). Am Beispiel des Eherechts sehen wir, welche grosse Entwicklung das Familienrecht durchgemacht hat. 

In der ersten ZGB-Fassung hiess es noch:

Art. 160 ZGB von 1912

1 Der Ehemann ist das Haupt der Gemeinschaft.

2 Er bestimmt die eheliche Wohnung und hat für den Unterhalt von Weib und Kind in gebührender Weise Sorge zu tragen.

Diese Regelung blieb bis zur Revision des Familienrechts in den 1980er-Jahren in Kraft (altes Eherecht HIER). 

Ab dem 1. Januar 1988 hiess es dann:

 

Art. 163 ZGB von 1988

1 Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie.

2 Sie verständigen sich über den Beitrag, den jeder von ihnen leistet, namentlich durch Geldzahlungen, Besorgen des Haushaltes, Betreuen der Kinder oder durch Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des andern. 

Der folgende Beitrag aus dem SRF-Archiv zeigt, wie 1983 über die geplante ZGB-Revision debattiert wurde:

Das "CH-Magazin" berichtete am 7. Juni 1983 über die geplante Gesetzesrevision. Da das fakultative Referendum ergriffen worden war, stimmten die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger am 22. September 1985 über die Gesetzesrevision ab. Die Vorlage wurde angenommen und das neue Eherecht wurde auf den 1. Januar 1988 in Kraft gesetzt. 

Am Beispiel des Eherechts sehen wir sehr gut, wie sich Recht aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen weiterentwickelt (siehe auch HIER).

 

Bereits 2001 hat die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen festgehalten:

 

"Das neue Eherecht von 1988 hat mit rund 100-jähriger Verspätung die meisten Forderungen erfüllt, die von der früheren Frauenbewegung bei den Vorarbeiten zum ZGB erhoben worden waren. Im bestehenden Recht nicht berücksichtigt sind die vielfältigen Formen familialen Zusammenlebens ausserhalb einer traditionellen Ehe. Zu den heutigen Forderungen an ein zeitgemässes Zivilrecht gehören deshalb zivilstandsunabhängige Regelungen, die diesen neuen (und alten) Familienformen Rechnung tragen. Sie werden zur Zeit vor allem im Zusammenhang mit der rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften diskutiert." (Quelle)

 

 

Am 1. Januar 2007 trat das Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare (Partnerschaftsgesetz, PartG) in Kraft. Die Evangelische Volkspartei (EVP) und die Eidgenössisch Demokratische Union (EDU) hatten gegen das Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare das Referendum ergriffen und mit 66'853 gültigen Stimmen eingereicht. Am 5. Juni 2005 stimmte das Schweizer Stimmvolk gegen das Referendum und damit für das neue Gesetz. (Quelle)

Das PartG ermöglichte gleichgeschlechtlichen Paaren einen eheähnlichen rechtlichen Status. Die eingetragene Partnerschaft stellte aber anders als die Ehe keine Grundlage für die Familiengründung dar. Die Adoption eines Kindes oder der Zugang zu Fortpflanzungsmedizin blieben eingetragenen Partnern verwehrt (Art. 28 PartG). 

Erst 2018 wurde das Gesetz um Art. 27a ergänzt, welcher die Stiefkindadoption ermöglichte. Das Referendumskomitee schaffte es vorgängig nicht, mindestens 50'000 Unterschriften zu sammeln, so dass es über die Stiefkindadoption keine Volksabstimmung gab (Quelle).

 

Die Forderung nach der "Ehe für alle" wurde in den 2010er-Jahren immer lauter. Das Parlament bereitete eine entsprechende Gesetzesrevision vor, gegen die das Referendum erfolgreich zustande kam. An der Volksabstimmung vom 26. September 2021 wurde die Gesetzesänderung vom Stimmvolk gutgeheissen. Seit 1.1.22 ist die "Ehe für alle" in Kraft.

 

Mehr Informationen admin.ch; ZGB Neu

 

PRAXISHINWEIS

Das Partnerschaftsgesetz (in Kraft seit 1.1.2007) sieht seit 1.1.22 die Möglichkeit vor, die bereits eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umwandeln zu lassen. Für bestehen bleibende eingetragene Partnerschaften gilt weiterhin das PartG.