Der Grundsatz der Vertragsfreiheit

 

Das Obligationenrecht geht vom Grundprinzip der Vertragsfreiheit aus. Sie gibt einer Person die Freiheit, innerhalb der Schranken des Gesetzes zu entscheiden, mit wem, mit welchem Inhalt und in welcher Form sie einen Vertrag abschliessen will.

 

Folgende Elemente sollen Klarheit über die Vielfalt der Vertragsfreiheit schaffen:

  • Abschluss- und Partnerwahlfreiheit
  • Typenfreiheit
  • Inhaltsfreiheit (Art. 19 + 20 OR)
  • Formfreiheit (Art. 11 OR)
  • Aufhebungs- und Änderungsfreiheit

 

Ich kann also mit jedwelcher Person einen Vertrag über irgendeinen Inhalt abschliessen, den Vertrag abändern und bei Bedarf auch vor der Erfüllung wieder aufheben. Es liegt auf der Hand, dass es dadurch möglich ist, dass Verträge entstehen, die der Gesetzgeber nicht speziell erwähnt. Man nennt solche Vertrage "Innominatkontrakte" (lat. "innominare" = nicht benennen; gesetzlich nicht geregelte Verträge).

So gibt es in der Praxis Verträge, die verschiedene Elemente enthalten wie z.B. der Gastaufnahme-vertrag (AuPair), bei dem sowohl Elemente des Arbeitsvertrags und des Mietvertrags enthalten sind. Weitere Beispiele von Innominatkontrakten sind: Franchisingvertrag, Kreditkartenvertrag, Alleinvertriebsvertrag, Sponsoring, Checkvertrag, Lizenzvertrag u.v.a.

 

Der Besondere Teil des OR (sog. OR BT) steht unter dem Titel „Die einzelnen Vertragsverhältnisse“. Der OR BT regelt eine Vielzahl von Vertragsarten, die für unser Wirtschaftsleben wichtig sind. Die Vertragsfreiheit wird einerseits durch Vorgaben für nichtige Inhalte (OR 19/20) und andererseits durch Formvorschriften eingeschränkt. Es gibt weitere Einschränkungen, die vor allem dem Schutz einer wirtschaftlich unterlegenen Partei dienen: Der Mieter wird durch Mieterschutzvorschriften gegenüber der wirtschaftlichen Übermacht des Vermieters geschützt und der Arbeitnehmer wird durch Arbeitnehmerschutzvorschriften vor der wirtschaftlichen Übermacht des Arbeitgebers geschützt.

Die korrekte Abgrenzung gesetzlich geregelter Verträge ist in der Praxis von grosser Bedeutung. Die Unterscheidung ist  zentral, weil die Rechtsfolgen für die einzelnen Vertragsarten sehr unterschiedlich sind.

 

PRAXISTIPP

Beachten Sie, dass ein Vertrag nicht nach seinem Namen beurteilt wird, sondern nach seinem Inhalt. Umgangssprachlich sagen wir „Ich gebe dir diesen Auftrag“, es handelt sich dabei aber rechtlich gesehen in der Regel um einen Werkvertrag. Beide Vertragsarten gehören zu den sog. Arbeitsleistungsverträgen.

Weitere Vertragsarten sind die Eigentumsübertragungsverträge (auch Veräusserungsverträge) und die Gebrauchsüberlassungsverträge. Mehr dazu HIER.